Armutsquoten und Armutslücken

Die Vermeidung wirtschaftlicher Härten ist eines der Hauptziele der Sozialpolitik. Da die Definition dessen, was als „annehmbarer Lebensstandard“ zu betrachten ist, zwischen den Ländern und im Zeitverlauf variiert, existiert auch keine gemeinsam vereinbarte Messgröße der „absoluten“ Armut in den OECD-Ländern. Ein Ausgangspunkt für die Messung der Armut ist daher die Betrachtung der „relativen“ Armut, eine Messgröße, deren Höhe jedes Jahr im Verhältnis zum typischen Einkommen des jeweiligen Landes ermittelt wird.

Definition

Die Armutsquote ist definiert als die Zahl der Personen (in einer bestimmten Altersgruppe), deren Einkommen unter der Armutsgrenze liegt, wobei letztere bei der Hälfte des Medianeinkommens der Haushalte angesetzt ist. Das relative Einkommensniveau der Armenpopulation kann jedoch in Ländern mit identischer Armutsquote unterschiedlich sein. Um diese Dimension zu messen, wird die Armutslücke berechnet, bei der es sich um den als Prozentsatz ausgedrückten Abstand zwischen dem Medianeinkommen der Armen und der Armutsgrenze handelt.

Das Einkommen wird definiert als das verfügbare Haushaltseinkommen in einem bestimmten Jahr. Es umfasst Einkommen aus unselbstständiger und selbstständiger Tätigkeit, Kapitaleinkünfte und staatliche Transferleistungen, abzüglich der von den privaten Haushalten entrichteten Einkommensteuern und Sozialversicherungsbeiträge. Das Einkommen des Haushalts wird den einzelnen Haushaltsmitgliedern zugeordnet, wobei eine Bereinigung um Bedarfsunterschiede zwischen Haushalten unterschiedlicher Größe vorgenommen wird (z.B. wird unterstellt, dass der Bedarf von Vier-Personen-Haushalten doppelt so groß ist wie der von Alleinstehenden).

Vergleichbarkeit

Die Daten wurden von Experten aus den einzelnen Ländern unter Anwendung einheitlicher Methoden und Standarddefinitionen bereitgestellt. In vielen Fällen haben die Experten Anpassungen der Ausgangsdaten vorgenommen, damit sie den Standarddefinitionen entsprachen. Dadurch verbesserte sich zwar die Vergleichbarkeit, eine vollständige Standardisierung konnte jedoch nicht erreicht werden.

Am stärksten sind die Messprobleme am oberen, aber auch am unteren Ende der Einkommensskala. Da ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung in der Nähe der Armutsgrenze angesiedelt ist, können geringfügige Veränderungen ihres Einkommens starke Schwankungen der Armutsmessgrößen zur Folge haben. Geringfügige Unterschiede zwischen den Zeiträumen und den Ländern sind im Allgemeinen nicht signifikant.

Die Ergebnisse beziehen sich auf unterschiedliche Jahre. „2012 oder letztes verfügbares Jahr“ bezieht sich für alle Länder auf das 2012 bezogene Einkommen, außer in Japan (2009), der Russischen Föderation (2010), Kanada und Chile (2011). Die Daten von „Mitte der 1990er Jahre“ beziehen sich auf das zwischen 1993 und 1996 bezogene Einkommen. Die Daten von „Mitte der 1980er Jahre“ beziehen sich in allen Ländern, für die Daten zur Verfügung stehen, auf das zwischen 1983 und 1987 bezogene Einkommen, außer in der Tschechischen Republik (1992) und Ungarn (1991).

Überblick

Im Durchschnitt der OECD-Länder betrug die Armutsquote um 2012 etwa 11%. Zwischen den Ländern bestehen beträchtliche Unterschiede: So liegen die Armutsquoten in Israel und Mexiko bei nahezu 20%, in der Tschechischen Republik und Dänemark indessen bei unter 6%. Die Armutsquoten unterscheiden sich zwischen den verschiedenen Altersgruppen: In Japan und Korea besteht für ältere Menschen ein größeres Armutsrisiko, wohingegen in der Türkei die Kinderarmut ein größeres Problem darstellt. Die Vereinigten Staaten, Chile, Israel und Mexiko weisen insgesamt höhere Armutsquoten auf, während in den nordischen Ländern niedrigere Armutsquoten herrschen.

Im Durchschnitt der OECD-Länder liegt das Medianeinkommen der Armenbevölkerung um 31% unter der Armutsgrenze (Armutslücke), wobei dieser Abstand in Ländern wie Italien, Griechenland, Spanien und den Vereinigten Staaten, die von der jüngsten Krise stark in Mitleidenschaft gezogen wurden, größer und in Belgien, Finnland, Deutschland, Neuseeland und Slowenien geringer ist. Generell haben Länder mit hohen Armutsquoten auch größere Armutslücken.

Zwischen Mitte der 1980er Jahre und ca. 2012 stiegen die Armutsquoten in 15 der 18 Länder, für die Daten zur Verfügung stehen, was einen globalen Anstieg um 2,7 Prozentpunkte für den OECD-Raum insgesamt zur Folge hatte. Der größte Anstieg wurde in Israel und Schweden verzeichnet, der einzige Rückgang in Dänemark.

Quelle

Weitere Informationen

Analysen

Statistiken

Websites

Tabelle. Armutsquoten und Armutslücken

 https://doi.org/10.1787/888933336319

Trendmäßige Entwicklung der Armutsquoten
Relative Armutsquoten Mitte der 1980er Jahre, Mitte der 1990er Jahre und 2012 oder letztes verfügbares Jahr
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 https://doi.org/10.1787/888933335124