OECD-Wirtschaftsberichte: Deutschland 2023
Nach zehn Jahren mit dynamischem exportinduziertem Wachstum, sinkender Arbeitslosigkeit und Haushaltsüberschüssen zeigten die Pandemie und die Energiekrise, dass Deutschland strukturelle Schwachstellen aufweist und seine ökologische und digitale Transformation unbedingt beschleunigen muss. Gleichzeitig erhöht die rasche Bevölkerungsalterung den Druck auf die öffentlichen Finanzen und verschärft den Fachkräftemangel. Um das Arbeitsangebot zu erhöhen, ist es wichtig, die Steuern und Abgaben auf Arbeit insbesondere für Geringqualifizierte und Zweitverdienende zu senken, die Fachkräftemigration zu erleichtern und die Aus- und Weiterbildung zu verbessern. Eine modernisierte Verwaltung mit weniger Bürokratie und besseren öffentlichen Dienstleistungen würde sich positiv auf die wirtschaftliche Dynamik und die Innovationstätigkeit auswirken. Um den hohen Investitionsbedarf zu decken und gleichzeitig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu wahren, müssen Steuervergünstigen abgebaut werden, denn häufig sind sie verzerrend, regressiv oder umweltschädlich. Außerdem gilt es, den Steuervollzug zu stärken, die Ausgabeneffizienz im öffentlichen Sektor zu erhöhen und die Ausgaben besser zu priorisieren. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 erfordert kosteneffiziente Maßnahmen, damit weder die Wettbewerbsfähigkeit noch der soziale Zusammenhalt geschwächt werden. Deutschland sollte die CO2-Bepreisung ausweiten, sie aber mit gut konzipierten sektorspezifischen Bestimmungen und Beihilfen kombinieren, um insbesondere grüne FuE zu fördern, den Ausbau nachhaltiger Verkehrs- und Stromnetzinfrastrukturen voranzutreiben und den Wohngebäudesektor zu dekarbonisieren. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollten Niedrigeinkommenshaushalten zugutekommen und helfen, die aktive Arbeitsmarktpolitik zu verbessern.
SCHWERPUNKTTHEMA: KLIMANEUTRALITÄT ERREICHEN, OHNE DIE WETTBEWERBSFÄHIGKEIT UND DEN SOZIALEN ZUSAMMENHALT ZU SCHWÄCHEN
Klimaneutralität erreichen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit und den sozialen Zusammenhalt zu schwächen
Deutschland beabsichtigt, bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Dafür muss das Land das zwischen 1990 und 2019 verzeichnete Tempo der Emissionsreduzierungen verdreifachen. Durch die stark anziehenden Energiepreise und die Notwendigkeit, Energieimporte aus Russland zu ersetzen, ist der Handlungsbedarf noch dringender geworden. Für eine erfolgreiche und kosteneffiziente Umsetzung der Klimawende sind verschiedene politische Maßnahmen erforderlich. Es besteht die Gefahr, dass langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren den Ausbau erneuerbarer Energien verlangsamen. Zugleich schmälern Subventionen für fossile Energieträger und großzügige Steuerbefreiungen die Wirksamkeit umweltpolitischer Maßnahmen. Deutschland sollte an der CO2-Bepreisung als Kernelement seiner Reduktionsstrategie festhalten und bestrebt sein, die Preise sektorübergreifend zu harmonisieren und vorhersehbarer zu machen. CO2-Preise entfalten mehr Wirkung, wenn sie durch gut konzipierte sektorspezifische Regulierungen und Beihilfen ergänzt werden, um insbesondere grüne FuE zu fördern, den Ausbau nachhaltiger Verkehrs- und Stromnetzinfrastrukturen voranzutreiben und den Gebäudesektor zu dekarbonisieren. Gleichzeitig sollten die Subventionen für ausgereifte Technologien und bestimmte Branchen nach und nach auslaufen. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollten verwendet werden, um Niedrigeinkommenshaushalte zu entschädigen und die Qualität der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu verbessern. Dies würde das Wachstum stützen und dazu beitragen, dass der Übergang zu Klimaneutralität nicht zulasten des sozialen Zusammenhalts geht.
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