Angesichts der aktuellen globalen Herausforderungen müssen Rechtsvorschriften besser gestaltet und vollzogen werden, um intelligente, einfache und schlanke Verfahren sicherzustellen, die einem sich rasch verändernden Umfeld gerecht werden. Die vierte Ausgabe der Reihe OECD-Ausblick Regulierungspolitik untersucht die Qualität der Rechtsetzung im OECD-Raum im Hinblick darauf, wie die Rechtsetzung wirksam auf die Menschen, den Planeten und die Zukunft ausgerichtet werden kann. Dabei werden die Anstrengungen beleuchtet, die die OECD-Mitgliedsländer in den letzten zehn Jahren unternommen haben, um die OECD-Empfehlung zu Regulierungspolitik und Governance von 2012 in ihrem Rechtsetzungsprozess voll umzusetzen. Ergänzt wird dies durch Beispiele guter Rechtsetzungspraxis zur Schließung festgestellter Lücken. So wird ein pragmatischer Weg aufgezeigt, um Bürger*innen und Unternehmen stärker in die Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften einzubinden, die ihr tägliches Leben bestimmen.
OECD‑Ausblick Regulierungspolitik 2025 (Kurzfassung)

Abstract
Executive Summary
Regierungen weltweit stehen vor zahlreichen Herausforderungen, die staatliches Handeln voraussetzen. In manchen Fällen ist dazu Rechtsetzung nötig, und Rechtsetzung muss effizient und wirksam sein. Dafür sind intelligentere, einfachere und schlankere Verfahren erforderlich. In einer Zeit sich rasch verändernder Umfeldbedingungen werden die geltenden Regelungen von den Bürger*innen und Unternehmen in vielen Bereichen als zu aufwendig empfunden. In anderen Bereichen wiederum lässt eine unzureichende Rechtsdurchsetzung Zweifel an der Fähigkeit der staatlichen Stellen aufkommen, effektiv zu handeln und Bürger*innen, Verbraucher*innen und Umwelt zu schützen. In diesem Kontext sind verstärkte staatliche Anstrengungen erforderlich, um die Ausgestaltung, den Vollzug und die Überprüfung der Rechtsvorschriften zu verbessern und so das Potenzial aller Beteiligten auszuschöpfen und zugleich gesellschaftlichen Risiken zu begegnen. Eine gestärkte, gleichzeitig aber intelligentere Rechtsetzung ist nicht nur für die Gestaltung und Umsetzung guter Politik von entscheidender Bedeutung, sondern auch, um das Vertrauen in den Staat zu erhöhen und die gesellschaftliche Polarisierung zu verringern.
In dieser vierten Ausgabe des OECD Regulatory Policy Outlook wird untersucht, wie Rechtsetzungsreformen dazu beitragen können, wirksamere, auf den Menschen, den Planeten und die Zukunft ausgerichtete Regelungen zu schaffen. Dies wird durch Profile der einzelnen OECD-Länder ergänzt, in denen die Fortschritte der jüngsten Zeit dargelegt und Bereiche aufgezeigt werden, in denen die Rechtsetzungssysteme und -prozesse verbessert werden könnten.
Rechtsetzung auf die Menschen ausrichten
Copy link to Rechtsetzung auf die Menschen ausrichtenRechtsvorschriften werden für die Menschen und mit ihnen gemacht: Für die Menschen, um sie vor Schaden zu bewahren, und mit ihnen, um die Qualität der Rechtsvorschriften zu verbessern. Die Einbeziehung der Bürger*innen in den Rechtsetzungsprozess führt zu besseren Regelungen und einem besseren Verständnis der Regelungsziele, was wiederum die Akzeptanz in der Öffentlichkeit erhöht und die Einhaltung der Rechtsvorschriften fördert. In diesem Bereich ist ein positiver Trend festzustellen, da die staatlichen Stellen die Akteursbeteiligung weiter ausbauen, beispielsweise indem sie die Öffentlichkeit zunehmend digital zu den Auswirkungen von Regelungen konsultieren. Darüber hinaus haben viele OECD-Mitgliedsländer Mindestkonsultationsfristen eingeführt (mehr als 75 %) und die Konsultationsfristen verlängert (49 % auf mindestens vier Wochen).
Trotz dieser Verbesserungen muss noch mehr getan werden. So gilt es erstens, den Stakeholdern systematisch Feedback dazu zu geben, wie ihre Beiträge die Rechtsetzungsentscheidungen beeinflusst haben. Derzeit geben nur 33 % der OECD-Mitgliedsländer den Beteiligten direktes Feedback. Damit wird eine Chance verpasst, die Konsultationen aussagekräftiger zu gestalten. Zudem kann dies Menschen davon abhalten, erneut an Konsultationen teilzunehmen. Zweitens muss der Kreis der Teilnehmenden ausgeweitet werden, um für mehr Teilhabe zu sorgen und zu verhindern, dass einzelne Gruppen zu viel Einfluss ausüben, was geschehen kann, wenn Konsultationen nur einem ausgewählten Kreis offenstehen.
Um die Rechtsetzung besser auf die Menschen auszurichten und Ungleichheiten entgegenzuwirken, müssen die staatlichen Stellen die Verteilung der Regelungsauswirkungen innerhalb der Gesellschaft systematischer evaluieren und auch den Erfüllungsaufwand berücksichtigen. Des Weiteren gilt es, die Regelungen und die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen so einfach wie möglich zu gestalten, um Kosten und Frustrationen für Privatpersonen und Unternehmen zu verringern.
Rechtsetzung auf den Planeten ausrichten
Copy link to Rechtsetzung auf den Planeten ausrichtenDie ökologische Transformation kann nur mit besseren und passgerechteren Rechtsvorschriften verwirklicht werden. Der erste Schritt dorthin ist die Einbeziehung der betroffenen Akteure, um die unterschiedlichen Auswirkungen von Umweltrisiken zu verstehen und potenzielle Widerstände gegen umweltpolitische Maßnahmen und Regelungen zu überwinden. Die OECD-Mitgliedsländer unternehmen inzwischen größere Anstrengungen, um die Umweltauswirkungen von Regelungen auf nationaler Ebene zu berücksichtigen. Diese Bemühungen beziehen sich jedoch in erster Linie auf die Umweltvorschriften selbst und weniger auf die möglichen Umweltauswirkungen von Vorschriften in anderen Sektoren. Tatsächlich prüfen nur 21 % der OECD-Mitgliedsländer Regelungen unter dem Gesichtspunkt der ökologischen Nachhaltigkeit. Um sicherzustellen, dass Rechtsvorschriften die ökologische Transformation aktiv fördern, müssen diese Prüfungen vertieft und auf die lokalen, regionalen und globalen Auswirkungen in Bezug auf Umweltverschmutzung, CO2-Emissionen und biologische Vielfalt ausgedehnt werden.
In einigen Fällen wird die ökologische Transformation durch einen komplexen Flickenteppich sich teils überschneidender, teils lückenhafter Regelungen behindert. Die OECD-Länder haben erste positive Schritte in Richtung risikobasierter Umweltansätze unternommen, insbesondere in den Bereichen Lizenzvergabe, Förderung der Rechtsbefolgung und koordinierte Kontrollen. Der nächste Schritt zur Verringerung der Komplexität der Regelungen ist, diese Praktiken systematisch umzusetzen. Außerdem sollten die für Netzindustrien wie Energie, Verkehr, Wasser und elektronische Kommunikation zuständigen Regulierungsbehörden mit klaren Zielen und Befugnissen ausgestattet werden, um die ökologische Transformation zu unterstützen.
Rechtsetzung auf die Zukunft ausrichten
Copy link to Rechtsetzung auf die Zukunft ausrichtenDer technologische Fortschritt – von der künstlichen Intelligenz und dem Internet der Dinge bis hin zu Quantencomputing und Neurotechnologie – wird unsere Welt auch weiter tiefgreifend verändern. Er bringt Menschen, Gesellschaft und Wirtschaft enormen Nutzen, kann aber auch Risiken und Schaden verursachen. Der derzeitige Regulierungsrahmen bleibt häufig hinter dem technologischen Fortschritt zurück und wird durch Probleme wie Zuständigkeitsüberschneidungen, rechtliche Fragmentierung und Veralterung geschwächt. Um die Innovationstätigkeit besser zu unterstützen und zugleich die Risiken zu steuern, müssen die Regierungen anpassungsfähige und lernende Strukturen schaffen und durch Horizon- Scanning und strategische Vorausschau eine antizipatorische Governance ermöglichen. Voraussetzung für ein kohärenteres und reaktionsfähigeres Regulierungsumfeld, das eine solide Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung fördert, sind starke institutionelle Strukturen. Durch besser mit Ressourcen, Kompetenzen und Fachkenntnissen ausgestattete Institutionen kann das nötige Wissen aufgebaut werden, um die Entwicklung neuer Technologien zu überwachen und voranzutreiben und zugleich die Menschen angemessen vor Schaden zu bewahren.
Anhand einiger positiver Beispiele wird in dieser Studie auch aufgezeigt, wie Regierungen und Regulierungsbehörden neue Technologien für ihre Zwecke einsetzen können. Staatliche Stellen nutzen beispielsweise digitale Technologien, um die Auswirkungen von Regelungen effizienter und effektiver zu beobachten, schneller auf entstehende Risiken zu reagieren und die Gesamtergebnisse zu verbessern.
Rechtsetzung auf Wirksamkeit ausrichten
Copy link to Rechtsetzung auf Wirksamkeit ausrichtenRegelungen sind wirksamer, wenn sie auf solider Evidenz beruhen. Die OECD-Länder haben die evidenzbasierte Entscheidungsfindung verbessert und verlangen zunehmend, dass bei der Nutzung von Instrumenten wie Gesetzesfolgenabschätzungen neben wirtschaftlichen auch eine größere Zahl sozialer und ökologischer Aspekte berücksichtigt werden. Es reicht jedoch nicht aus, Rechtsvorschriften gut zu gestalten: Sie müssen auch effektiv umgesetzt werden. In den meisten OECD-Ländern besteht noch Spielraum, die Rechtskonformität und die angestrebten Effekte durch eine risikobasierte Rechtsdurchsetzung stärker zu fördern. Derzeit ist es den zuständigen Stellen in über der Hälfte der OECD-Länder nicht gestattet, ihre Durchsetzungsarbeit auf Risikokriterien zu stützen. Um evidenzbasierte Entscheidungen zu ermöglichen, bedarf es solider Verfahren der Regelungsgestaltung und des Regelungsvollzugs sowie einer angemessenen Ausstattung mit Ressourcen, Kompetenzen und Kapazitäten.
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Country note30 September 2024