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  • Nichts ist wichtiger für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt als gute Rechtsetzung. Eine „gute“ Rechtsetzung ist eine Rechtsetzung, die den legitimen Zielen der Politik kosteneffizient gerecht wird und das Wohlergehen der Gesellschaft insgesamt steigert.

  • Die anhaltende wirtschaftliche Malaise, die in den meisten OECD-Ländern zu beobachten ist, sowie die Besorgnis der Gesellschaft über Klimawandel, soziale Ausgrenzung und Unsicherheit machen deutlich, wie dringend wir Rechtsetzungs- bzw. Regulierungssysteme benötigen, die wirkungsvoller im Hinblick auf die Vermeidung schwerer Krisen, die Förderung des Wachstums und den Schutz der Bürger sind. Außerdem werden Verbesserungen und Reformen des regulierungspolitischen Rahmens im aktuellen haushaltspolitischen Umfeld zunehmend als attraktive Alternativen zu fiskalischen und steuerlichen Maßnahmen gesehen. Reformen zur Verbesserung der Rechtsetzung und Regulierung bieten eine echte Chance, die inländische Wirtschaftstätigkeit anzukurbeln. Auf internationaler Ebene können sie Handel und Investitionen erleichtern, da so unnötige nichttarifäre Hemmnisse beseitigt werden und insgesamt das Fundament für eine besser geregelte Globalisierung gelegt wird.

  • Gesetze und sonstige Rechtsvorschriften bestimmen den Alltag von Unternehmen und Bürgern. Zusammen mit Steuern und Ausgaben sind sie wesentliche Instrumente, um Politikziele wie Wirtschaftswachstum, soziale Wohlfahrt, Umweltschutz und Globalisierung zu erreichen. Sind sie jedoch schlecht konzipiert, können sie ihre Ziele verfehlen und Bürgern ebenso wie Unternehmen unnötige Kosten aufbürden. Im aktuellen Kontext, der in vielen Ländern von schwachem Wachstum, hoher Arbeitslosigkeit und knappen öffentlichen Kassen geprägt ist, verfügen die Regierungen über wenig Spielraum für Ausgabenerhöhungen und Steuersenkungen. Reformen zur Erhöhung der Qualität der Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften sind daher ein wichtiges Instrument, um die Konjunktur anzukurbeln und das gesellschaftliche Wohlergehen zu steigern.

  • Die meisten in diesem Bericht enthaltenden Daten, einschließlich der zusammengesetzten Indikatoren, beruhen auf dem Regulatory Indicators Survey von 2014. Diese Erhebung enthält Informationen mit Stand 31. Dezember 2014 von allen 34 OECD-Ländern sowie der Europäischen Kommission zu deren regulierungspolitischer Praxis gemäß der Empfehlung des Rates der OECD zu Regulierungspolitik und Governance von 2012. Dabei wird im Einzelnen auf drei Grundsätze der Empfehlung von 2012 eingegangen: Einbeziehung der betroffenen Akteure, Gesetzesfolgenabschätzung (GFA) und Ex-post-Evaluierung. Zu jedem dieser Bereiche wurden in der Erhebung Informationen zu formalen Anforderungen erfasst und Daten zu ihrer Umsetzung gesammelt. Die der Erhebung zu Grunde liegenden Methoden und die zusammengesetzten Indikatoren werden im Einzelnen in Anhang B beschrieben. Die vorliegenden Hinweise sollen den Leser über den Erfassungsbereich der in diesem Bericht enthaltenen Daten sowie die mit der Verwendung von Indikatoren verbundenen Probleme aufklären.

  • Nach dem Regulatory Indicators Survey, einer einzigartigen Erhebung, an der alle OECDMitgliedsländer teilnahmen, haben die meisten OECD-Länder Rahmenbedingungen geschaffen, die eine hohe Regulierungsqualität ermöglichen. Die Mitgliedsländer haben sich generell auf höchster politischer Ebene zu einer klaren, von allen Verwaltungsebenen und Ressorts getragenen Politik für Rechtsetzungsqualität verpflichtet. In den meisten Ländern sind die Durchführung von Gesetzesfolgenabschätzungen und die Einbeziehung der betroffenen Akteure in die Entwicklung neuer Rechtsetzungsvorschläge durch die Exekutive formell vorgeschrieben. Die jeweilige Situation weist aber zwischen den einzelnen Ländern weiterhin erhebliche Unterschiede auf. In diesem Kapitel wird dokumentiert, dass in den OECD-Mitgliedsländern ein ressortübergreifender Ansatz für die Regulierungspolitik verabschiedet wurde, was unternommen wird, um regulierungspolitische Instrumente einzusetzen und welche Bedeutung einem diversifizierten institutionellen Umfeld für die Regulierungspolitik zukommt.

  • Trotz der Fortschritte bei der Einführung der Grundsätze und Praktiken der Regulierungspolitik sehen sich die OECD-Länder nach wie vor Herausforderungen gegenüber, die Bedingungen für Regulierungsqualität zu schaffen und ihre Agenda für die Regulierungsqualität umzusetzen. Im vorliegenden Kapitel werden die Herausforderungen identifiziert, vor denen die Länder bei der Verankerung ihrer Regulierungspolitik in Gesetzen und Praktiken stehen. Ferner wird eine ambitionierte Agenda dargestellt, mit deren Hilfe die Länder die Herausforderungen überwinden und die Regulierungspolitik zur Förderung von Wachstum und Wohlergehen nutzen können. Das Augenmerk dieses Kapitels liegt insbesondere auf den vier Grenzbereichen der Regulierungspolitik: a) Umsetzung und Durchsetzung der Rechtsvorschriften, b) das unausgeschöpfte Potenzial neuer Akteure der Regulierungspolitik, c) Stärkung der Evidenzgrundlage zur Beurteilung der Effekte der Regulierungspolitik und d) Bewältigung grenzüberschreitender Regulierungsfolgen.

  • Die Einbeziehung der betroffenen Akteure bzw. Akteursbeteiligung (Stakeholder Engagement) ist ein Grundpfeiler der Regulierungspolitik. Die OECD-Länder richten sichtlich zunehmende Aufmerksamkeit auf verschiedene Methoden, um die betroffenen Akteure in die Ausarbeitung, Umsetzung und Prüfung von Rechtsvorschriften einzubeziehen. Fast alle Regierungen berücksichtigen die Prinzipien von Open Government („offene Regierung“) und besserer Partizipation in der Politikgestaltung. Es wird viel unternommen, um die betroffenen Akteure sowohl in den Prozess der Ausarbeitung neuer Gesetze und sonstiger Rechtsvorschriften als auch in die Prüfung des Normenbestands einzubinden. Bis auf diesem Gebiet jedoch ein echter Kulturwandel erzielt wird, ist es noch ein weiter Weg, auf dem es viele Hindernisse für eine effektive Einbeziehung der betroffenen Akteure zu überwinden gilt. In diesem Kapitel wird dokumentiert, was die OECD-Mitglieder unternehmen, um die Einbindung der Betroffenen zu verbessern, welche Herausforderungen dabei bestehen und in welchen Bereichen weitere Maßnahmen nötig sind.

  • Die Gesetzesfolgenabschätzung (GFA) unterstützt den Politikgestaltungsprozess, indem sie einen rationalen Entscheidungsrahmen bietet, der die Auswirkungen potenzieller Regelungsoptionen untersucht. Der Einsatz von GFA wurde in den letzten 30 Jahren ausgeweitet, sie ist inzwischen in den OECD-Ländern allgemein üblich. Die OECD-Länder haben im Hinblick auf die Einführung von GFA zwar erhebliche Fortschritte erzielt, es müssen jedoch noch Herausforderungen bewältigt werden, um die GFA zu einem wesentlichen Politikinstrument zur Sicherung der Regulierungsqualität zu machen. Es gibt z.B. ein unausgeschöpftes Potenzial, den Beitrag von GFA durch Kosten-Nutzen-Analysen zu erhöhen. Das GFA-System kann darüber hinaus durch eine Verschärfung der Prüfungsmechanismen und eine systematischere Einbeziehung der betroffenen Akteure verbessert werden. In diesem Kapitel wird dokumentiert, was die OECD-Mitglieder unternehmen, um GFA einzusetzen, welche Herausforderungen dabei bestehen und in welchen Bereichen weitere Maßnahmen nötig sind.

  • Die Praxis der Politikevaluierung hat sich im zwanzigsten Jahrhundert institutionalisiert, und die Regulierungspolitik bildet diesbezüglich keine Ausnahme. Jedoch erfolgt die Evaluierung von Rechtsvorschriften hauptsächlich ex ante im Rahmen der Gesetzesfolgenabschätzung (GFA), und die Ex-post-Evaluierung bleibt das am wenigsten entwickelte Regulierungsinstrument. Sie wird in den Ländern noch immer nur sporadisch praktiziert. Dennoch lassen sich aus der Anwendung der Ex-post-Evaluierung in einer Reihe von Staaten wichtige Erkenntnisse ziehen, die zugleich auch vielversprechende Möglichkeiten zur Verbesserung der Rechtsetzungsqualität bieten. Im vorliegenden Kapitel werden die Beweggründe für die Ex-post-Evaluierung definiert und die möglichen Ansätze sowie ihr Einsatz in der Praxis beschrieben.